4. Oktober
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Amazon unter Beobachtung
Das Bundeskartellamt hat in der letzten Woche entschieden, dass die Amazon.com Inc., Seattle, USA ein Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb ist.
Mehr dazu erfahren Sie von Frederik Nyga im Magazin Compliance Manager.

Frederik Nyga
28. September
noch 48 Tage bis zum Kongress
Neues zum Lieferkettengesetz – Entwicklungen auf europäischer und nationaler Ebene
Viele Compliance Manager stellen aktuell die Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) sicher. Die Umsetzung dieses Gesetzes dürfte u.a. wegen zahlreicher unbestimmter Rechtsbegriffe für viele Compliance Manager eine Herausforderung sein. Mit Sehnsucht dürften daher die Handreichungen der zuständigen Aufsichtsbehörde, des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), erwartet werden. Sie könnten mehr Klarheit schaffen. Der BCM unterstützt im Rahmen einer Verbändeinitiative mit dem VCI, BDI, BUJ und DICO die Ziele eines VCI-Diskussionspapiers zu Rechts- und Umsetzungsfragen zum LkSG. Auf der Grundlage des VCI-Papiers fand Anfang Mai 2022 ein Verbändefachgespräch mit dem BAFA statt, an dem die Autoren teilgenommen haben. Auch aus der EU gibt es Neuigkeiten.
Von Dr. Tobias Brouwer und Christiane Ecker
Vorschlag der Europäischen Kommission für ein „EU-Lieferkettengesetz“
Am 23.02.2022 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (Proposal for a Directive on Corporate Sustainability Due Diligence) veröffentlicht. Dabei ist zunächst anzumerken, dass der im EU-Vorschlag verwendete KMU-Begriff von dem in Deutschland verbreiteten Verständnis abweicht. Der im EU-Vorschlag verwendete KMU-Begriff bezeichnet gem. Art. 3 i) i.V.m. Art. 3 der EU-Richtlinie 2013/34/EU Unternehmen mit höchstens einer Bilanzsumme von 20 Mio. Euro, einem Nettoumsatzerlös von 40 Mio. Euro und durchschnittlich 250 Beschäftigten, wobei mindestens zwei dieser Kriterien erfüllt sein müssen.
Der Vorschlag sieht in mehreren Punkten Abweichungen vom LkSG vor. Zum einen variiert der Anwendungsbereich (vgl. Art. 2, Art. 3 des EU-Vorschlags). Der EU-Vorschlag sieht eine Anwendbarkeit auf
- nach dem Recht eines EU-Mitgliedsstaats gegründete Kapitalgesellschaften (vgl. Art. 3 des EU-Vorschlags i.V.m. Anhang I, II der Richtlinie 2013/34/EU) mit im Durchschnitt mehr als 500 Beschäftigen und einem weltweiten Nettoumsatz von mehr als 150 Mio. Euro (nachfolgend: „Unternehmen der Gruppe 1“),
- nach dem Recht eines EU-Mitgliedsstaats gegründete Unternehmen aus „Hochrisiko-Branchen“ (Generierung von mindestens 50 % des Umsatzes mit Textilien, Landwirtschaft oder Mineralien) mit im Durchschnitt mehr als 250 Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz von mehr als 40 Mio. Euro (nachfolgend „Unternehmen der Gruppe 2“),
- nach dem Recht eines Drittstaats gegründete Unternehmen mit einem Nettoumsatz in der EU von mehr als 150 Mio. Euro bzw. 40 Mio. Euro (bei Generierung von mindestens 50 % des Umsatzes mit Textilien, Landwirtschaft oder Mineralien) (nachfolgend „Unternehmen der Gruppe 3“) vor.
Zum Vergleich: Das LkSG sieht eine Anwendbarkeit auf Unternehmen mit in der Regel mindestens 3.000 (ab dem 01.01.2023) bzw. 1.000 Arbeitnehmern im Inland (ab dem 01.01.2024) vor. Auf die Rechtsform des Unternehmens und den von diesem erzielten Nettoumsatz kommt es nicht an.
Sorgfaltspflichten bestehen nach dem EU-Vorschlag für alle eigenen Tätigkeiten des Unternehmens, die Tätigkeiten der Tochterunternehmen und die Tätigkeiten von Unternehmen in der Wertschöpfungskette, mit denen das Unternehmen eine „etablierte Geschäftsbeziehung“ unterhält (vgl. Art. 1 Abs. 1 des EU-Vorschlags). Etablierte Geschäftsbeziehungen sind gem. Art. 3 f) des EU-Vorschlags direkte oder indirekte Geschäftsbeziehungen, die in Anbetracht ihrer Intensität oder Dauer beständig sind oder sein dürften und die keinen unbedeutenden oder lediglich untergeordneten Teil der Wertschöpfungskette darstellen. Eine § 9 Abs. 3 LkSG vergleichbare Regelung bez. mittelbarer Zulieferer, nach der die Pflicht zu Abhilfemaßnahmen nur bei substantiierter Kenntnis von der potenziellen Pflichtverletzung besteht, enthält der EU-Vorschlag nicht.
Die in den Artikeln 5 bis 11 des EU-Vorschlags vorgesehenen Sorgfaltspflichten sind gegenüber den Sorgfaltspflichten gem. §§ 4 bis 10 LkSG präziser ausgestaltet. Eine Fokussierung auf menschenrechtliche Risiken ist beim EU-Vorschlag – anders als beim LkSG – nicht feststellbar. Im Gegenteil enthält der Vorschlag u.a. Vorgaben zur Eindämmung des Klimawandels (vgl. Art. 15 des EU-Vorschlags) und geht damit deutlich weiter als das LkSG. Art. 15 des EU-Vorschlags sieht insoweit vor, dass Unternehmen der Gruppe 1 und der Gruppe 3 (bei einem Nettoumsatz von mehr als 150 Mio. Euro in der EU) einen Plan festlegen sollen, mit dem sie sicherstellen, dass das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens mit der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C gemäß dem Pariser Übereinkommen vereinbar sind. Die variable Vergütung der Mitglieder der Unternehmensleitung soll auch die Erreichung der Klimaziele berücksichtigen.
Gem. Art. 5 des EU-Vorschlags müssen Unternehmen die Sorgfaltspflichten in alle Bereiche ihrer Unternehmenspolitik einbeziehen und jährlich eine Strategie zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten festlegen. Die Vorgaben sind mit denen zur Grundsatzerklärung (vgl. § 6 Abs. 2 LkSG) vergleichbar, jedoch dezidierter (u.a. Aufnahme der Sorgfaltspflichten in den Verhaltenskodex).
Die Artikel 6, 7, 8 und 9 des EU-Vorschlags entsprechen den §§ 4 (Risikomanagement), 5 (Risikoanalyse), 6 (Präventionsmaßnahmen), 7 (Abhilfemaßnahmen), 8 (Beschwerdeverfahren) LkSG und präzisieren diese teilweise (z.B. Definition von Präventionsaktionsplänen „mit angemessenen und klar festgelegten Zeitplänen für Maßnahmen und qualitativen wie quantitativen Indikatoren für die Messung der Verbesserung“ als potenzielle Abhilfemaßnahme). Wie das LkSG enthält der EU-Vorschlag eine Anlage, in der zu beachtende Übereinkommen aufgelistet sind. Es werden – gegenüber dem LkSG – weitere Übereinkommen sowohl mit Umwelt- als auch mit Menschenrechtsbezug für maßgeblich erklärt, z.B. das Wiener Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht und das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau.
Art. 11 des EU-Vorschlags benennt – in Abweichung von § 10 Abs. 2 LkSG – eine taggenaue Frist für die jährliche Veröffentlichung des Berichts über die Pflichterfüllung (30. April). Die Artikel 12, 13 und 14 des EU-Vorschlags sehen – wie § 20 LkSG (BAFA-Handreichungen) – Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen (in Form von Mustervertragsklauseln, Leitlinien, darunter für bestimmte Sektoren oder spezielle negative Auswirkungen und Websites) vor.
Ein Menschenrechtsbeauftragter i.S.v. § 4 Abs. 3 LkSG wird im EU-Vorschlag nicht erwähnt. Allerdings sieht Art. 16 des Vorschlags vor, dass Unternehmen der Gruppe 3 einen Bevollmächtigten als Kontaktperson der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde benennen und diesen „mit den erforderlichen Befugnissen und Ressourcen für die Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden“ ausstatten.
Art. 22 schließlich sieht eine zivilrechtliche Haftung nach nationalen Vorschriften vor, und zwar auch „in Fällen, in denen das auf entsprechende Ansprüche anzuwendende Recht nicht das Recht eines Mitgliedstaats ist“. Eine Haftung für negative Auswirkungen etablierter indirekter Geschäftsbeziehungen soll nur bestehen, wenn mit der Erfolglosigkeit der ergriffenen Maßnahmen zu rechnen war. Die zur Abwehr der negativen Auswirkungen ergriffenen Maßnahmen des Unternehmens sollen bei der Überprüfung der Haftung berücksichtigt werden.
Ob der EU-Vorschlag in dieser Form angenommen wird, bleibt abzuwarten. Wahrscheinlich erscheint in Anbetracht der anhaltenden Aufmerksamkeit, die der Klimakrise in der öffentlichen Debatte und mittlerweile auch in der Gesetzgebung und in gerichtlichen Verfahren (insb. „Klimaklagen“) zukommt, dass – anders als beim LkSG – der Fokus auf umweltbezogene und menschenrechtliche Risiken gleichermaßen liegen wird.
Ob Unternehmen den aktuellen Entwurf bereits bei der Umsetzung des LkSG berücksichtigen, dürfte auch von deren Nachhaltigkeitsstrategie abhängen. Zielt diese nicht lediglich auf eine Erfüllung der rechtlichen Mindestanforderungen, sondern auf eine Marktführerschaft im nachhaltigen Wirtschaften ab, macht eine Berücksichtigung des aktuellen EU-Vorschlags bei der Umsetzung des LkSG Sinn. Denn eine einmal formulierte Erwartungshaltung – selbst wenn sie nicht in die EU-Richtlinie Eingang findet – bleibt potenziell bestehen. Art. 30 des EU-Vorschlags sieht eine Anwendung der Richtlinie auf Unternehmen der Gruppe 1 und 3 jedoch erst ab zwei Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie vor. Für Unternehmen der Gruppe 2 und 3 (mit einem Nettoumsatz in der EU von mehr als 40 Mio. Euro) gilt eine Frist von vier Jahren.
Umsetzungsstand beim BAFA und Verbändefachgespräch zum LkSG
Am Standort Borna im Mitteldeutschen Braunkohlerevier erfolgt derzeit der Aufbau der neuen Außenstelle des BAFA, die für die behördliche Kontrolle und Durchsetzung des LkSG zuständig ist. Die hierfür notwendigen Voraussetzungen sollen rechtzeitig vorliegen, damit die Behörde ab dem 1. Januar 2023 ihrem gesetzlichen Auftrag zur Kontrolle der Einhaltung des LkSG nachkommen kann. Die Gesetzesbegründung zum LkSG geht von 65 neuen Stellen für den Vollzug des LkSG aus, die ganz überwiegend für das BAFA vorgesehen sind.
Die bislang wichtigste BAFA-Handreichung im Sinne des § 20 LkSG stellen die gemeinsam von dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und dem BAFA entwickelten „Fragen und Antworten zum Lieferkettengesetz“ dar, die regelmäßig ergänzt werden.
Diese Handreichung ist über folgenden Link abrufbar:
https://www.bafa.de/DE/Lieferketten/Ueberblick/ueberblick_node.html;jsessionid=AFC3B1883774A8EEA65A13869443E261.1_cid387
Weitere Handreichungen des BAFA sollen im Sommer dieses Jahres veröffentlicht werden. Dagegen besteht seitens der Ministerien derzeit nicht die Absicht, von den ebenfalls im LkSG vorgesehenen Rechtsverordnungsermächtigungen Gebrauch zu machen. Konkretisierungen der Pflichten gegenüber mittelbaren Zulieferern (§ 9 Abs. 3 LkSG), des Verfahrens über die Einreichung und behördliche Prüfung der Jahresberichte nach §§ 10 Abs. 2, 12 LkSG (§ 13 Abs. 3 LkSG) sowie des Verfahrens der risikobasierten Kontrolle durch das BAFA (§ 14 Abs. 2 LkSG) sind daher vorerst nicht im Wege einer Rechtsverordnung zu erwarten.
Zur rechtlichen Begleitung der Umsetzung des LkSG hat der Verband der Chemischen Industrie (VCI) ein Diskussionspapier erarbeitet, das über 70 offene und streitige Anwendungs- und Auslegungsfragen zum LkSG adressiert und zugleich versucht, auf diese Antworten und Lösungshinweise zu geben.
Das VCI-Papier ist abrufbar über:
https://www.bvdcm.de/meldungen/diskussionspapier-zu-rechts-und-umsetzungsfragen-des-lksg
Ziel des Papiers ist es, mit dem BAFA sowie den Ministerien BMWK und BMAS zu den Compliance-rechtlichen Fragestellungen des LkSG in den Dialog zu treten. Entsprechend setzt sich das Diskussionspapier auch mit den rechtlichen Hinweisen der LkSG-FAQs auseinander. Die Initiative wird vom BCM sowie dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dem Bundesverband der Unternehmensjuristen (BUJ) und dem Deutschen Institut für Compliance (DICO) unterstützt. In einem konstruktiven Fachgespräch haben sich die Verbände Anfang Mai 2022 mit dem BAFA zu ausgewählten Fragen aus dem VCI-Papier ausgetauscht. Nach Sicht der Autoren hat das Gespräch zu einem besseren Verständnis der Behörden- wie Unternehmensperspektive geführt – auch wenn es zu manchen Rechtsfragen unterschiedliche Auffassungen gibt.
Sich informiert halten
Unternehmen sehen sich zwar weiterhin Unsicherheiten ausgesetzt, da unklar ist, inwieweit die finale EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit dem aktuellen EU-Vorschlag entsprechen wird, und auch hinsichtlich des LkSG erst noch weitere Konkretisierungen abzuwarten sind. Wer jedoch für sich plausible Compliance-Lösungen entwickelt, um die gesetzlichen Sorgfaltspflichten angemessen zu erfüllen, wird regelmäßig der Bemühenspflicht gerecht, mag es im Laufe der Zeit auch neue Erkenntnisse zur Auslegung und Anwendung der Lieferkettengesetze geben. Mit der Umsetzung des LkSG befassten Compliance Managern ist vor diesem Hintergrund vor allem anzuraten, sich fortwährend informiert zu halten, zum Beispiel über die Homepages des BAFA und des BMAS oder über die Ad-hoc-Arbeitsgruppe Lieferkettengesetz. Diese versorgt die BCM-Mitglieder über Vorträge von Förderpartnern des BCM mit aktuellen Informationen zu den Entwicklungen auf nationaler und europäischer Ebene. Zugleich ermöglicht sie BCM-Mitgliedern einen branchenübergreifenden Austausch. Gerade der Austausch mit Vertretern sowohl der eigenen als auch anderer Branchen erscheint essenziell, damit sich Standards hinsichtlich der Sorgfaltspflichtenerfüllung etablieren können.
Die Autoren

Christiane Ecker

Dr. Tobias Brouwer
27. September
noch 49 Tage bis zum Kongress
Product Compliance - Eine Managementaufgabe
Mit dem Ziel den Dialog unter Fachexperten weiterzuführen, hat Oliver Dathan beim Berufsverband der Compliance Manager (BCM) die Fachgruppe „Product Compliance“ gegründet. Als Senior Product Safety Manager bei Zalando SE, trägt er Verantwortung für relevante Prozesse und Verbesserungsmaßnahmen.
Für ihn, wie für viele andere Product und Compliance Manager, ist es deshalb relevant auf dem neuesten Stand zu bleiben, aktuelle Entwicklungen zu kennen, und somit Herausforderungen begegnen zu können. Eine Anforderung, der die Fachgruppe Product Compliance durch den Austausch gerecht wird: „Meine Idee ist es, mit der Fachgruppe eine Plattform zu schaffen, um über die gesetzlichen Regelungen für Produkte zu sprechen, wie sie zu interpretieren sind und was sie für die betreffenden Produkte und Prozesse im Unternehmen bedeuten.“, so Oliver Dathan. Product Compliance solle dabei weniger im Alleingang gestemmt, sondern eher als eine Managementaufgabe betrachtet werden.
Darüber spricht Oliver Dathan auch auf dem Bundeskongress Compliance 2022 in einer Case Study. Unter dem Thema „Product Compliance – Eine Managementaufgabe“ bespricht er relevante Fragen sowie zukunftsweisende Lösungen. Freuen Sie sich auf den Austausch!

Oliver Dathan
26. September
noch 50 Tage bis zum Kongress
Kongress-News zum Bundeskongress Compliance
In genau 50 Tagen ist es soweit: Der 10. Bundeskongress Compliance startet am 15. November im Berliner Humboldt Carré unter dem Motto “Compliance & Wirklichkeit”. Beim Jubiläumskongress 2022 diskutieren wir mit Ihnen die drängenden, hochrelevanten Fragen: Arbeiten wir an den Alltagsrealitäten vieler Bereiche im Unternehmen vorbei? Verstehen wir unser Unternehmen wirklich?
An dieser Stelle möchten wir Ihnen das Kongress-Programm des BKC etwas näher bringen, informieren Sie über alle Updates, beleuchten Programm-Highlights und stellen Ihnen besondere Persönlichkeiten des Kongresses etwas genauer vor.